Weiter geht‘s auf unserer Reise Richtung Westen. Am Ortsausgang von Holbrook müssen wir am Exit 285 für ein paar Meilen wieder auf die Interstate. Wer möchte, kann sich fünf Meilen später einen weiteren Indian Trading Post zu Gemüte führen. Es wird nicht der letzte sein. Rechter Hand tauchen die Teepees des Geronimo Trading Post auf.
Die Indianer handeln hier hauptsächlich mit Petrified Wood und profitieren natürlich davon, dass man im Nationalpark auf keinen Fall was mitnehmen darf. Das weiß jeder, aber viele möchten ja so ein Stück als Souvenir mit nach Hause schleppen. Bei Geronimo wird man fündig, aber natürlich auch bei allen anderen TPs in dieser Gegend. Geronimo präsentiert stolz den World Largest Petrified Tree, der dort auf dem Parkplatz rumsteht. Nun ja, das mag stimmen, die World besteht in Amerika ja nur aus den USA. In Thailand soll es größere Teile dieser Art geben.
Es wird auch berichtet, dass Geronimo teuer und unfreundlich sei. Der auf dem Teepee guckt auch schon so … Ob das wirklich stimmt, wissen wir nicht, wir haben uns auf das Fotografieren außerhalb beschränkt.
Zurück auf der I-40 fahren wir weiter bis zum Exit 277, wo wir am Ende der Ramp rechts auf die BL40 abbiegen, die im Bogen um Love‘s Travel Stop herum geradewegs nach Joseph City hinein führt.
Der Ort ist eine Gründung der Mormonen, die 1876 ihre Zelte hier am Little Colorado River aufschlagen. Sie haben es nicht leicht damals in den Pionierzeiten, denn sie müssen Dämme bauen, um ihre Felder vor den Fluten des Flusses zu schützen. Haben sie auch getan. Aber genutzt hat‘s nix. Der kleine Colorado hat die Bauwerke regelmäßig wieder weggeschwemmt. Nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal … nein, ganze 14 Mal müssen die wackeren Siedler ihre Dämme erneuern. Es gelingt im Jahr 1939. Endlich möchte man sagen. Sonst war nicht viel los in Joseph City, das früher mal Allen‘s Camp hieß. Trotzdem sollte man ruhig mal anhalten oder schön langsam über die 66 durch den Ort fahren. Trader Joe‘s hat ein 66 Mural an der Wand, eine alte Garage, wo man sich dereinst um Windschutzscheiben, Kühler und Bremsen kümmerte und der Dreamcatcher RV Park, wo man für 15$ mit seinem Freizeitvehikel übernachten kann. Das ist es dann auch schon. Ein Post Office gibt‘s natürlich. Da haben wir Briefmarken gekauft und der Postmeister gab Tipps für die Umgebung.
Bevor wir Joseph City verlassen, machen wir noch einen kleinen Abstecher auf ein altes Route 66 Alignment, das sich nach gut zwei Meilen als Dead End entpuppt. An diesem Stück finden sich die Reste von zwei weiteren Trading Posts, denen mit dem Bau der Interstate ihre Geschäftsgrundlage entzogen worden ist. Wir nehmen also noch nicht die Auffahrt auf die I-40 am Exit 274, sondern bleiben auf der Main Street.
Schon nach ein paar Metern erreichen wir rechter Hand ein weißes Gebäude mit einem Teepee davor. Das ist der ehemalige Hopi Village, Howdy Hanks and Sitting Bull‘s Indian Store. Ein gewaltiger Name für das einfache Gebäude mit den verwitterten Mauern, deren Putz mehr und mehr gen Boden sinkt. Die Garagentore und das alte Schild davor zeugen davon, dass hier auch repariert worden ist, insbesondere Horse Trailer. Fischereibedarf und lebende Tiere waren genauso im Angebot, wie Heu und Medizin. Für jeden etwas also. Howdy Hanks – die roten, verblassten Lettern sind gerade noch so zu erkennen. Ein trauriger Cowboy mit großen Ohren steht auf dem Balkon und streckt uns seinen Teller entgegen. Was immer das einstmals bedeuten sollte. Davor das erwähnte Teepee, komplett mit Kokopelli und Pferd auf der Spitze.
Ella‘s Frontier ein paar Meter die Straße hinunter sieht tatsächlich aus wie ein Western-Blockhaus, nur stört der Kasten der Klimaanlage auf dem Dach. Hierbei soll es sich um einen der ältesten Trading Posts an der 66 handeln, der früher unter den Namen San Diego Rawson‘s Frontier Days Trading Post fungierte. Gleich daneben ein verrostetes Schild, das einen Red Arrow Campground – scheint eine Kette gewesen zu sein – der potentiellen Kundschaft näher bringen sollte.
Mehr gibt es auf diesem Stück nicht zu sehen, trotzdem sollte man es nicht auslassen, es kostet nur ein paar Minuten Zeit.
Am Ende der Straße machen wir einen U-Turn – und steuern wieder den Exit 274 an, wo wir uns aber NICHT auf die Interstate begeben, sondern dieselbe überqueren und dann links auf die South Frontage Road einschwenken. Die Straße ist a bit rough, aber das soll uns mal nichts ausmachen. Wir rumpeln jetzt dem Jack Rabbit Trading Post entgegen. Noch einer, werdet ihr sagen. Yep, noch einer. Und einer von den sehr bekannten.
HERE IT IS verkünden etliche Billboards entlang der Straße und entlang der Interstate, die, ein paar Meter entfernt nur, genau parallel zur alten Mother Road vorbei donnert. Die Billboards haben eine gewisse Berühmtheit erlangt, damals zur den Glanzzeiten der 66. Der dicke Hase oder besser das dicke Kaninchen plus die Minihasen obendrauf sind bei mitfahrenden Kindern sehr beliebt, die natürlich dafür sorgen, dass der Papa den Wagen auf den Parkplatz des Trading Post lenkt, denn hier kann man auch noch auf einer übergroßen Kaninchenstatue reiten. Ride the Rabbit – this Exit.
Dieser Trading Post hat eine recht nette und illustre Geschichte. James Taylor, der damals in Joseph City zu Hause ist, baut das Ding im Jahr 1949. Ursprünglich diente das Gebäude als Schlangenfarm. Die Biester sind Taylor natürlich eher ein Dorn im Auge und er setzt sie kurzerhand in der Gegend aus. Nicht jeder Anwohner ist begeistert, erhöht die Aktion die Wahrscheinlichkeit einer unangenehmen Begegnung mit Klapperschlange und Co. doch erheblich. Schein aber gut gegangen zu sein, jedenfalls ist nichts von einer erhöhten Zahl an Bissopfern überliefert. Wie Taylor auf die Hasen gekommen ist, wissen wir nicht. Jedenfalls macht er die Rabbits zum Markenzeichen seines Geschäfts. Er bringt 30 davon an der Dachrinne des Ladens an, malt ein riesiges Kaninchen auf die Mauer und installiert ein größeres Exemplar mit gelben Augen gleich hinter der Eingangstür. Hunderte von Kinderfotos mit Rabbit werden geschossen, der Laden brummt. Trotzdem ist die Konkurrenz spürbar, Geronimo ein paar Meilen weiter, auch Holbrook und Winslow liegen ja gleich um die Ecke. Taylor lässt sich was einfallen, um seinen Hasenladen noch bekannter zu machen. Zusammen mit seinem Freund Wayne Troutner, der in Winslow den For Men Only Store besitzt, macht er sich auf den Weg gen Osten – immer auf der 66 natürlich. Sie haben jede Menge Holz im Gepäck bzw. auf dem Truck und pflastern den Highway mit Jack Rabbit und Men Only Billboards. Bis nach Springfield in Missouri führt sie die Expedition, mehr als 1000 Meilen all the way. So kommt es, dass der umworbene Tourist seit den 1950er Jahren zwischen Springfield und Winslow in regelmäßigen Abständen an die sensationellen, in ein paar hundert oder ein paar dutzend Meilen Entfernung liegenden Läden – kommt ja immer drauf an – erinnert wird. Dazu dienen als Markenzeichen dem einen ein kurvenreiches Cowgirl (Troutner) und dem anderen ein dicker Hase (Taylor). Der Clou sind dann die HERE IT IS Schilder, die dem vom Kindergequengel leicht oder schwer gestressten Automobilisten endlich die Erlösung verkünden. James Taylor behält sein Geschäft bis 1961, vermietet es dann an Glen Blansett, der es sechs Jahre später käuflich erwirbt. Seitdem ist es im Besitz der Blansett Familie. Allerdings war es jedes mal geschlossen, wenn wir dort waren, so dass wir nicht ganz sicher sind, ob der Trading Post noch regelmäßig in business ist. Die Hasen auf dem Dach sind längst verschwunden, aber das Riesenvieh am Parkplatz ist für die Kids wohl immer noch ein must ride.
Eine verlassene Tankstelle mit Zapfsäulen aus den 1970er Jahren ziert die 66 ein paar Meter hinter Jackrabbit (es gibt sogar ein grünes Ortsschild mit diesem Namen, wobei Jackrabbit in EINEM Wort geschrieben ist).
Und dann müssen wir wieder auf die Interstate, die 66 mündet einmal mehr als Sackgasse. Also rauf auf die I-40 West – am Exit 269 – und weiter nach Winslow, wo wir NICHT NUR an einer Ecke rumstehen werden. You know: „Standing on a corner in Winslow, Arizona … „