Los Cerrillos, New Mexico

Kann man einen Ort, der noch über 200 Einwohner hat, als Ghost Town bezeichnen? Eigentlich nicht, aber wie das so ist in Amerika, werden alte, teilweise verlassenen Städtchen dieser Art gern als Geisterstädte bezeichnet. So ist das auch mit Los Cerrillos in New Mexico. 

Wer auf der Interstate 40 oder auf der Route 66 von Albuquerque aus in östlicher Richtung unterwegs ist, erreicht Los Cerrillos über den Highway 14, der kurz hinter Tijeras nach Norden abzweigt. Die Strecke ist sehr beliebt, weil an der 14 noch ein paar weitere sehenswerte Orte zu finden sind. Das Künstlerstädtchen Madrid zum Beispiel, das wir in einem anderen Kapitel ausführlich beschreiben werden. 

Die Gründung von Los Cerrillos geht, wie könnte es auch anders sein, auf Gold und Silberfunde in den Cerrillos Hills zurück. 1879 war’s, als zwei Glücksritter aus Colorado wahrscheinlich per Zufall auf das begehrte Edelmetall stoßen. Doch sie sind wahrhaftig nicht die ersten, denen dies widerfährt. Schon die spanischen Eroberer früherer Zeiten entdecken Gold und Silber in dieser Gegend und lassen es von den hiesigen Indianern abbauen. Außerdem wird eine Menge Türkis entdeckt und für die Herstellung von Schmuck verwendet. 

Im Jahr 1879 werden aus zwei Goldsuchern gleich mal ein paar hundert, die gleich 1000 Claims abstecken. Zusätzlich findet man Kupfer und Blei, sowie den schon erwähnten Türkis. Damals ist Los Cerrillos nicht mehr als eine provisorische Zeltstadt, was sich jedoch schnell ändert, als die Eisenbahnlinie der Santa Fe Railroad das Gebiet erschließt. Die Stadt wächst rapide, bald werkeln mehr als 3000 Goldsucher in den Cerrillos Hills. Was sie aber hauptsächlich finden, ist Türkis. Wie es sich für eine Wildwest Stadt gehört, sprießen alle möglichen Betriebe aus dem Boden, darunter 21 Saloons – Prospekter sind durstig. Es gibt eigene Zeitungen und sogar ein paar Hotels. 

Trotz der reichhaltigen Türkis-Funde überleben die meisten Minen die nächsten Jahrzehnte nicht und die Ende der 1920er Jahre beginnende Depression schon gar nicht. Seitdem tut sich nicht mehr viel in Los Cerrillos. Ein paar unermüdliche Türkis-Sucher mühen sich aus Spaß an der Sache zwar heute noch in kleinen Privatminen ab, aber das war’s auch schon. Für den lokalen Bedarf an Schmucksteinen wird es reichen, da im nahe gelegenen Madrid eine Menge davon an Touristen verkauft wird. 

Was ist also übrig von Los Cerrillos? Wer dort vorbei kommt, sollte sein Auto abstellen und den kleinen Ort in Ruhe zu Fuß erkunden. Geteert sind die Straßen übrigens bis heute nicht, man bewegt sich auf staubigem Schotter.

Im Casa Grande Trading Post gibt es alles, was kein Mensch mehr braucht. Falls geschlossen ist, reicht auch ein Blick durch die fast blinden Fenster auf allerlei Gerümpel aus alter Zeit. Aber sie haben auch Türkis, den die Eigentümer in ihrer kleinen Privatmine selbst abbauen. Der „What Not Shop“ beherbergt ebenfalls Antikes aller Art. Ein Saloon namens „Marys Bar“ hat die Zeiten überstanden; eine kleine Kunstgalerie vervollständigt das „noch lebende“ Cerrillos. Im Wortley Hotel nächtigt niemand mehr. Bleibt noch die Kirche. Sie lebt, denn jeden Sonntag findet die Messe statt. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1922. 

Die ganze Szene erinnert an ein Wildwest Szenario. Und das hat man sehr schnell auch in Hollywood erkannt. Warum also mühsam künstliche Kulissen in die Landschaft setzen, wenn man gleich in einem authentischen Ort drehen kann? 

Unter anderem wird der John Wayne-Western „The Cowboys“ 1972 hier gedreht, zumindest teilweise und später „Young Guns“ Teil 1 und Teil 2. 

Etwas außerhalb des Ortes kann man sich, so man Interesse daran hat, noch ein paar kleine Kunststudios anschauen. Man erkennt sie leicht an den meist sehr bunten Werken am Zaun oder im Garten. 

Nicht umsonst also heißt der Highway 14, zwischen Albuquerque und Santa Fe „Turquoise Trail“.   

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