Die Route 66 verlässt als Highway 118 Gallup in südwestlicher Richtung. Kurz vor Defiance knickt sie nach links ab (ausgeschildert als 118) und unterquert die I-40. Sofort danach wieder rechts abbiegen und der 118 für gut vier Meilen folgen. Auch hier verläuft die 66 wieder parallel zur Interstate und das bleibt auch noch eine Weile so. Am Exit 8 wechseln wir wieder auf die andere Seite, passieren den Mini-Ort Manuelito und erreichen nach kurzer Zeit und einer landschaftlich sehr schönen Fahrt durch das Tal des River Puerco die „Stateline“. Kurz vorher, genauer gesagt 600 Meter vorher, weckt rechter Hand eine Zufahrt unsere Aufmerksamkeit. Ein riesiger Alkoven, auf dem einige Teepees aufgereiht sind, beherbergt die erste Begegnung mit Chief Yellowhorse und seinen Verkaufsstellen indianischen Kunstgewerbes. Ein Route 66 Schild und zwei alte „Ami-Schlitten“ vor der formatfüllenden Höhle vervollständigen das Ensemble. Der Platz davor bietet genug Raum für Busse, und jede Menge sonstiger Fahrzeuge, auch Trucks sind welcome.
Bei unserem Besuch ist nichts los, die Verkaufsstände sind fast verwaist. Gleich neben dran hat man noch ein altes Fort nachgebaut, mit „Historic Route 66“ Emblem vorne drauf, das auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Noch voluminöser prangt das 66 Symbol auf einem Holzhüttchen unbekannter Bestimmung, dessen rosa Farbe langsam aber sicher dahin blättert. Das Klohäuschen daneben scheint noch besser in Schuss. Alles in allem sieht das Ganze ziemlich marode aus, aber vielleicht ist das nur ein subjektiver Eindruck der verwöhnten Reisenden aus dem alten Kontinent.
Die Stateline, also die Grenze zu Arizona, verläuft übrigens mitten durch die riesige Höhle und den dazu gehörigen Felsen hindurch. Der Parkplatz liegt noch in New Mexico, Chief Yellow Horse Jewelry schon in Arizona.
Nach besagten 600 Metern also erreichen wir die Stelle, an der die Route 66 ihre Reise durch den seit ihrem Start in Illinois siebten Bundesstaat beginnt. Arizona begrüßt uns standesgemäß mit majestätischen roten Felsenklippen zur Rechten und dem grünen Tal des Rio Puerco zur Linken. Der Verlauf der 66 durch Arizona ist sicher der landschaftlich schönste und interessanteste Teil der gesamten Strecke. Es stehen also einige Höhepunkte unserer Reise bevor.
Die ersten Meter in Arizona sind von indianischen Trading Posts gesäumt, die seit vielen Jahren an dieser Stelle den Reisenden indianisches Handwerk verkaufen. Dem State Line Convenience Store in einer ehemaligen Tankstelle untergebracht, stilecht mit einem alten „Waggon“ vor der Tür, folgt der Chaparral Trading Post und schließlich Chief Yellowhorse in der weithin sichtbaren, markanten roten Schrift auf gelbem Grund. So etwas, wie ein Markenzeichen der Yellow Horse Dynastie. Seit den 1950er Jahren verkauft Stammvater und Navajo Häuptling Frank Yellowhorse die Waren seines Stammes an die Route 66 Touristen. Und das mit großem Erfolg. Bruder Juan und Sohn David führen die Geschäfte seit Frank‘s Tod im Jahre 1999. Yellowhorse ist jedoch bei weitem nicht der älteste Trading Post in Lupton. Weit übertroffen wird er vom Tee Pee Trading Post, der seit Bestehen der Route 66, also seit 1926, das Geschäft mit den Touristen betreibt. Das riesige Tee Pee ist nicht zu übersehen. Für Freunde der Indianerkulturen, und deren Kunstgewerbe, ist Lupton, das keine 50 Einwohner zählt, also ein kleines Paradies. Und ganz sicher auch für 66 Reisende, die mit Kindern unterwegs sind!
Nachdem wir uns von all den bunten Indian Trading Posts getrennt haben, setzen wir unsere Fahrt auf der 66 in Richtung Allentown fort.
Dazu unterqueren wir die I-40 bei der ersten Möglichkeit (Exit 359) – direkt am Yellowhorse Trading Post – nach links. Wenn man geradeaus weiter fahren würde landet man nach ein paar hundert Metern auf einem großen Rest Area, das sich gut für eine kleine Pause eignet. Dort steht das „Welcome to Arizona“ Schild. Okay, wir sind ein Stück vorher links abgebogen und treffen nach der Unterführung auf die South Frontage Road. Hier rechts einbiegen und etwa 4,5 Meilen weiter fahren. Jetzt Achtung: Am Exit 354 rechts abbiegen (Hawthorn Road) – also NICHT weiter auf der Frontage Road – wieder unter der Interstate her und auf der anderen Seite auf die I-40 West fahren. Der Grund ist, dass die South Frontage bald irgendwo aufhört bzw. unterbrochen ist. Am Exit 351 kann man, so man sich die alte Allentown Bridge ansehen möchte, die I-40 kurz verlassen. Wer alte Brückenbauwerke mag, sollte das unbedingt tun. Außerdem ist die Brücke ein schönes Fotomotiv. Erbaut im Jahr 1923, trug sie die Route 66 zwischen 1926 und 1931 über den Rio Puerco. Sie ist leicht zu finden. Einfach am Exit 351 raus fahren. Am Indian City Trading Post – der ist nicht zu übersehen – links auf die Allentown Road, die über die Interstate führt. 0,6 Meilen sind es bis zur neuen Brücke über den Rio Puerco, von wo man die ehemalige 66 Brücke auf der linken Seite sehr schön sehen kann. Wenn man den Fluss überquert, kann man bequem zur Brücke gehen und die alte Holzkonstruktion aus der Nähe erkunden. Man darf sie allerdings nicht betreten, ein von Kugeln zerschossenes Schild möchte „No Pedestrian Traffic on Bridge“. Ellen und unser Führer zu den eher unbekannten Orten der 66, Nick Gerlich, müssen für ein Foto herhalten. Snake Guards inklusive. Der kleine Abstecher lohnt sich. Zumindest für Route 66 Fans mit Entdeckergeist. Den brauchen wir dann gleich noch mal – den Entdeckergeist.
Jetzt geht es erst einmal zurück auf die Interstate Richtung Westen, die wir am Exit 348 aber schon wieder verlassen, um uns Fort Courage anzusehen. Das ist ein ehemaliger Handelsposten, dessen verlassene Gebäude immer noch dick und fett hier herum stehen.
Wir sind jetzt in der Ortschaft namens Houck. Natürlich hat das Kaff auch einen indianischen Namen (Ma‘ii Tó – übersetzt heißt das Coyote Water, nach einer örtlichen Quelle), denn was kümmert es die Indianer, dass im Jahr 1874 ein Postmaster und Briefträger mit Namen James D. Houck hier einen Trading Post erbaut und geführt hat. Nach ihm ist die Stadt benannt worden. Trading Posts gibt‘s reichlich in der Gegend, damals wie heute. 1924 also erblickt der White Mound Trading Post das Licht der Welt und erweist sich als insgesamt erfolgreichstes Business am Ort. Bis 1960 hält sich der White Mound, immerhin 46 Jahre, während derer er mehrfach den Besitzer wechselt. An gleicher Stelle entsteht dann ein neuer, moderner Handelsposten mit Tankstelle, Lebensmittel – und Souvenirladen, Restaurant, ein riesiges „Pancake House“, Motel und Campground. Das ganze Ensemble wird auf den Namen Fort Courage getauft. Bekannt wird das Teil durch eine US-TV-Serie mit dem Titel „F-Troop“, die in den 1960er Jahren dort gedreht wird. Längst verlassen ist das alles, die Gebäude verrotten langsam, eine fast unwirkliche Atmosphäre herrscht dort. Tagsüber kein Problem, aber wenn man sich das bei zunehmender Dunkelheit so vorstellt… aber das gilt ja auch für einige andere „abandoned locations“. Vielleicht braucht man da ein bisschen „Courage“ – Nomen est Omen.
Zum Fotografieren ist es nicht schlecht dort, vor allem die herunter gekommenen bunten Billboards machen sich prima.
Zurück zum oben erwähnten Entdeckergeist. Lust auf noch ne Brücke? Die Querino Canyon Bridge hätten wir im Angebot. Lohnt sich! Die Brücke aus dem Jahr 1930 wird heute noch benutzt und ist Teil der pre1931 Route 66, die heute den Namen Querino Dirt Road, bzw. Co. Rd. 7250 trägt. Um hinzukommen können wir von Fort Courage aus der Frontage Road nach Westen folgen. Nur zwei Meilen und wir erreichen den Exit 346. Dort geht die Frontage Road in die Querino Dirt über. Sie ist leicht an dem sehr hellen, fast weißen Gravel zu erkennen. Vorbei an der Good News Mission – hat doch was, der Name – erreicht man nach 2,3 Meilen den Querino Wash, über den die Brücke einstmals die Route 66 trug. Sie verträgt drei Tonnen und wird auch rege von den „Locals“ genutzt. Die Häuser hier im Indianerland liegen recht weit verstreut, die einheimische Bevölkerung muss daher mobil sein. Das Straßennetz ist „all dirt“ mit Ausnahme der nahen Interstate natürlich. In der Nähe stehen noch ein paar unidentifizierbare Reste eines alten Gemäuers, vielleicht auch ein ehemaliger Trading Post, eine Tankstelle or whatever.
Man kann auf der Dirt Road bleiben, am Exit 341 trifft sie wieder auf die I-40. Der folgen wir jetzt für weitere zwei Meilen. Wir kommen nach Sanders. Auch hier verlassen wir die I-40 und schauen uns ein paar Route 66 Relikte an. Zuerst natürlich: eine Brücke!
Also geht‘s am Exit auf die 191 South Richtung Sanders. Die Brücke aus dem Jahr 1923 sieht man bequem von der Straße aus. Wer sie näher in Augenschein nehmen will, muss aussteigen und ein paar Meter durch‘s Gelände. In Sanders selber kann man die traurigen Reste eines ehemaligen Valentine Diner (solche hatten wir in früheren Kapiteln schon mal; dort findet sich auch die Geschichte dieser kleinen Diner). Das Ding ist lilafarben oder eher pink-rosa-lila, irgend so was. Früher war der Diner in Holbrook beheimatet, irgendwann hat man ihn hierher befördert. No more Business here.
Er ist leicht zu finden, gleich hinter der modernen Rio Puerco Brücke nach links auf die Navajo und dann gleich wieder rechts. Außerdem weist ein schwarz-pinkes Billboard den Weg. Ansonsten gibt‘s nicht mehr viel zu sehen in Sanders. Es sei denn, man mag den etwas maroden Charme, den die Indianersiedlungen hier verströmen. Das hat auch was. Oder so ein Red Barn mit Frachtcontainern neben dran.