Wieder sind wir frühmorgens unterwegs. Die beste Zeit für die anstehende Wanderung entlang einer fast unsichtbaren Trasse der Old Route 66 durch die von Nick so genannte Dilia Gap. Auf dem Weg dorthin passieren wir ein paar verlassene Häuser, ein Windrad.
Wir halten Ausschau nach Überresten der Straße, aber es ist fast nichts mehr geblieben. Da wir aber bestes Wanderwetter haben, noch kühle Temperaturen, macht es Spaß, quer durch‘s Gelände der alten Straßenführung zu folgen.
Am Ende dann wieder ein Corral, diesmal mit Pferden. Die Tiere beobachten uns aufmerksam, sie bekommen hier selten Besuch. Ein kleiner, gefleckter Hengst, der von den anderen durch einen Zaun getrennt ist, versucht verzweifelt, zu seinen Artgenossen zu gelangen. Er umkreist uns unaufhörlich und will partout den Zaun durchbrechen, was ihm aber nicht gelingt. Wir sorgen anscheinend für große Aufregung. Lange halten wir uns daher nicht auf, ein paar Fotos müssen natürlich sein. Dann geht‘s den langen Weg zurück. Wieder ein paar Meilen mehr auf dem „Hike-Tacho“.
Weiter geht‘s über den Highway 84 und die Interstate 25 zu deren nächsten Exits. Vom Exit 339 nach Romeroville, und vom Exit 335 nach Tecolote. Wir sind im Indianerland, also vorsichtig bei „No Trespassing“ – Schildern.
Wie war das mit den Klapperschlangen? Da liegt eine, mitten auf der Dirt Road. Wir steigen aus, die Schlange ist tot – überfahren. Irgendwie schade, denn aus der Distanz hätten wir schon gern mal einen Rattler in lebendigem Zustand gesehen.
Und natürlich kommen auch heute wieder die „Snake Guards“ zum Einsatz.
In und um Romeroville und Tecolote gibt es Überreste von Route 66 Brücken, die überstehen die Zeit immer noch am besten. Wieder müssen wir über Zäune und Tore klettern. Ein seltsames Gefühl in dieser Wildnis vor den Trümmern der alten Bauwerke zu stehen. Hier soll einst Betrieb gewesen sein? Man kann es kaum glauben. Es ist totenstill. Wenn man die Augen schließt, sich auf die Stille konzentriert, kann man sich vielleicht vorstellen, wie es hier früher ausgesehen hat. Aber man braucht viel Phantasie. Route 66 – der Ruf des „Goldenen Westens“ – sie mussten fast alle hier durch auf ihrer Suche nach einem besseren Leben, damals in den späten 1920er Jahren.
In Tecolote begegnen wir keinem Menschen, die kleine Adobe-Kirche döst in der Sonne. Nicht einmal ein Hund lässt sich sehen. Trotzdem haben wir ein mulmiges Gefühl, als wir uns über das „No Trespassing“ hinweg setzen. Aber nur ein paar Meter – eigentlich fast gar nicht. Ein alter Marker hinter Maschendraht erinnert an den legendären Santa Fe Trail, der hier ebenfalls entlang führte. Die 66 hat diesen Abschnitt des Trails sozusagen „übernommen“.
Der nächste Stacheldrahtzaun erwartet uns. Inzwischen haben wir Übung darin. Ein Stück Route 66 liegt dahinter. Unkraut, Büsche, Müll und verrostete Dosen. Ein „Cattle Guard“, Brückenreste.
Der letzte „Side Trip“ des Tages führt uns nach San Jose. Wieder keine Menschenseele zu sehen. Wieder eine kleine Kirche auf dem Dorfplatz.
Unser Ziel ist die Brücke über den Rio Pecos. Sie ist noch erstaunlich gut erhalten, man könnte rüber gehen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist von der Straße nichts mehr zu erkennen. „Mother Nature“ hat alles zurück erobert. Gebüsch, Sträucher, „Weed“, wie man hier sagt. Und Stille. Immer noch. Wir sind in einer anderen Welt. Nur ein paar Meilen von der Interstate entfernt.
Es ist nur ein kurzer Weg nach Glorieta. Ein paar dicke, graue Wolken ziehen am Himmel auf, gut für uns, denn sie setzen den alten Laden des Dorfes in wunderschönes Fotolicht. Glorieta Mercantile.
Unser Pensum für heute ist geschafft. In Santa Fe haben wir noch Zimmer im Holiday Inn bekommen, die Stadt ist mal wieder ausgebucht. Wie gut, dass Nick gestern telefonisch reserviert hat. Santa Fe selbst lassen wir diesmal aus.
Ein Gedanke zu “Route 66 People – Mit Nick Gerlich auf Entdeckungsreise entlang der alten Route 66, Teil 2”