Clines Corners, Moriarty, Edgewood, Carnuel – 66 Goes Interstate

Wir müssen jetzt ein gutes Stück fahren, bis wir das nächste Städtchen an der 66 erreichen. 77 Meilen sind es bis Moriarty. 77 Meilen geradeaus nach Westen. 77 Meilen Interstate, denn in diesem Teil New Mexicos hat der vierspurige Highway die alte Straße völlig unter sich begraben. Trotzdem ist die Fahrt durch die hügelige Landschaft nicht langweilig und nur wer es eilig hat und Zeit gutmachen will, kann hier mal auf‘s Gas drücken. Aber Achtung: wie überall wacht auch hier das Auge des Gesetzes über Euren Tachometer.

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Am Exit 267 passieren wir die Stelle, an der die Pre-1937 Route 66 nach Dilia abzweigte. Heute ist die Strecke nicht mehr befahrbar. Elf Meilen weiter erwartet uns der Exit 256 und der ist ein wichtiger Punkt auf jeder Route 66 Reise. Denn hier zweigt der sogenannte Santa Fe Loop ab, eine Streckenführung der 66, die vor 1937 benutzt wurde und auch heute noch einen sehr interessanten und landschaftlich wunderschönen Abschnitt darstellt. Und natürlich führt er uns nach Santa Fe, einer Stadt, die viele 66 Reisende sicher gern mitnehmen wollen. Und ein kurzer Abstecher nach Las Vegas, NM lohnt sich auch. Also, was tun? Keine Frage, wir werden wieder beide Streckenführungen unter die Räder nehmen. In Albuquerque treffen sie dann wieder aufeinander. Man könnte den Loop natürlich auch von Albuquerque in östlicher Richtung befahren, wenn man jetzt den direkten Weg über Moriarty nimmt und dann praktisch im Bogen zurück auf die I-40 fährt. Dann hätte man nur den Abschnitt der I-40 vom Exit 256 bis Albuquerque doppelt gefahren. Aber irgendwie fühlt sich das komisch an, die „richtige“ Richtung wäre doch westwärts, so wie sich das für den echten Roadie gehört. Also bleiben wir auf der I-40 und beamen uns dann später einfach zurück zu diesem Punkt.

Also lassen wir in gemütlicher Fahrt die hügelige Landschaft New Mexicos an uns vorüber ziehen, der Verkehr auf der Interstate ist überschaubar.

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Wer hungrig ist oder wessen Auto Benzin braucht, sollte bei Clines Corners anhalten. Heute ist das ein voluminöses Travel Center mit Tankstellen, Restaurants und dem größten Gift Shop New Mexicos. Dort findet der kaufwütige Tourist alles, was sein Wild West oder Route 66 Herz begehrt. Clines Corners hat seine Anfänge im Jahr 1934, als Roy E. Cline beschließt mitten in New Mexico, an der Kreuzung der Highways 6 und 2, eine Tankstelle plus Café zu errichten. Drei Jahre später packt er seine Zapfsäulen wieder ein und zieht ein Stück nach Norden an die Kreuzung der 285 mit der 66. Dort werden sie wieder ausgepackt und dort stehen sie noch heute in etwas größerem Format als riesiges Travel Center. Allerdings gehört es nicht mehr der Clines Family, Roy hat alles schon 1939 an Lynn und Helen Smith verkauft, die bis in die sechziger Jahre die Geschäfte führen. Danach wechseln die Besitzer und wem das alles heute gehört, weiß man nicht so genau, aber wen stört das.

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Ein paar Meilen weiter tauchen rechts ein paar alte Gebäude auf, die einmal ein Haltepunkt für Planwagen und sonstige Pferdekutschen waren. Wagon Wheel heißt das Ganze bezeichnenderweise. Übrig geblieben ist so gut wie gar nichts, außer einem Abschleppunternehmen. Dead End.

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Wer möchte kann sich die Longhorn Ranch am Exit 203 ansehen. Einstmals, im Wilden Westen, eine Postkutschen Station, später ein Museum und Souvenirladen, ist es heute eine etwas zwielichtige Trucker Bar mit den einschlägigen Attraktionen, sowie eine Sports Bar & Grill (El Vaquero). Das alte Motel steht auch noch. Am Rand des riesigen Parkplatzes reißt der Wind nach und nach einen Buchstaben nach dem anderen von einem einstmals sicher prächtigen Longhorn Ranch Schild.

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Wir erreichen Moriarty (Exit 197), wo wir uns etwas länger aufhalten und ausführlich umschauen wollen. Die Stadt geht auf das Jahr 1887 zurück, gegründet von und benannt nach Michael Moriarty, einem der ersten Siedler hier.

Wieder ist die Eisenbahn für das Wachstum der kleinen Stadt verantwortlich. Die New Mexico Railroad, später die Santa Fe Railroad legt hier einen Stopp ein. Die Route 66 kommt erst 1938 nach Moriarty, als der Santa Fe Loop abgekürzt und der direkte Weg nach Albuquerque genommen wird. Einige der damaligen Geschäfte, die durch die 66 entstanden, kann man heute noch anschauen. Und einige haben den Betrieb noch nicht eingestellt.

Wer also auf seiner Route 66 Reise durch das kleine Städtchen Moriarty in New Mexico kommt – und das kann man ja kaum vermeiden – sollte Sal besuchen. Man findet ihn sehr leicht, denn er hält als letzter die Fahne der Whiting Brothers Tankstellen entlang der 66 und im gesamten Südwesten hoch.

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Die beiden weithin sichtbaren, gelb-roten WB Schilder sind erst kürzlich restauriert worden und erstrahlen in altem Glanz. Nur tanken kann man dort nicht, denn Whiting Brothers als Benzinmarke gibt es schon lange nicht mehr. Sal verkauft und repariert Reifen aller Art. Mit diesem Geschäft hält er sich über Wasser. Seit 1985 betreibt er die Tankstelle an der 66 in Moriarty, die er von den Whiting Brothers erwirbt, als das Tankstellen-Business an der Straße sich immer mehr als nicht profitabel erweist und sich das Ende von WB abzuzeichnen beginnt. Sal hat den Namen der Station nie geändert. Seine WB Station ist die letzte ihrer Art, die noch betrieben wird. Alle anderen sind längst dem Verfall preisgegeben.

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Hier und da zeugen noch die alten Schilder oder deren Überreste vom Route 66 Imperium der beiden Brüder aus Arizona, die ihre ersten Tankstellen im Geburtsjahr der Mother Road, 1926, entlang den Straßen des Südwestens errichten. Schwerpunkt ist natürlich die Route 66, auf der der Hauptverkehr Richtung Westen rollt. Schon bald werden die Tankstellen um Motels (Whiting Bros. Motor Inns), Cafés und Souvenirläden erweitert, die Geschäfte gehen bestens. Aber selbst solch einstmals profitable Unternehmen überstehen den Niedergang der 66 nicht, der durch den Bau der Interstates eingeleitet wird.

Übrig geblieben ist die Station in Moriarty und Sal Lucero, der uns gern seine Geschichte erzählt hat und jeden Route 66 Reisenden herzlich begrüßt – auch wenn er keine Reifenpanne hat.

Gleich nebenan steht das Sunset Motel, ein echtes „Mom & Pop“ – Route 66 Motel. Wenn es zeitlich passt, sollte man hier übernachten. Das Motel befindet sich seit seinem Bau im Jahr 1954 im Besitz der Familie Pogue. Bill und Elaine errichten das Gebäude eigenhändig, heute ist es der jüngere Sohn Mike, der sich um die Gäste kümmert. Und es heißt nicht umsonst Sunset Motel, der Blick vom Patio sorgte für den Namen.

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Und wenn man dort übernachtet, geht man zum Dinner ins El Comedor. Das Restaurant hat es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Einige Wände sind mit Fotos von diversen Berühmtheiten geschmückt. Besonders die große Politik scheint das Restaurant angezogen haben, Jimmy Carter und Bill Clinton dürften die bekanntesten Beispiele sein. Auch die Musikbranche ist vertreten. Glen Campbell, Charlie Pride, Johnny Cash und andere haben sich hier ihre Fajitas oder Quesadillas schmecken lassen.
Auffällig ist der große Stern oder Sputnik, oder wie immer man das Ding bezeichnen mag, über dem Gebäude. Wenn es angeschaltet ist, rotiert das Ganze horizontal und vertikal und leuchtet auch noch sehr schön. Und das seit 1960. Ein Motiv für die Nachtfotografie.

Update 15.04.2020: Leider ist das El Comedor inzwischen geschlossen. Womit die Möglichkeiten in Moriarty Essen zu gehen deutlich vermindert haben. Man muss ein bisschen suchen.

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Wer vor der örtlichen Chamber of Commerce hält, kann ein schönes Mural bewundern. Gleich daneben das Lariat Motel (noch in Betrieb) und Pete‘s Bar (steht zum Verkauf). Die Frontier Bar (ebenfalls for sale) und Dad‘s Diner, sowie ein paar andere Relikte aus frühen Tagen sind einen Blick wert.

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Und irgendwer hat seinen Dodge vergessen.

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Für das nächste Stück brauchen wir nicht die I-40 zu bemühen, sondern nehmen aus Moriarty heraus den Highway 333 – das ist wieder die 66 – der uns nach Edgewood bringt.

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Kurz vor Edgewood sollte man am Midway Trading Post anhalten. Das Gemäuer aus den 1940er Jahren dient lange als Tankstelle, Curio Shop, Post Office und Café. 1972 wird der letzte Tropfen Benzin verkauft – die I-40 lässt grüßen – und seit den 1980er Jahren dämmert der Bau vor sich hin. Bis vor knapp drei Jahren – im Sommer 2013 – sich eine Gruppe von 60 Freiwilligen daran macht, den Trading Post wieder auf Vordermann zu bringen. Sie gehören zum Relive the Route Committee, das sich zum Ziel gesetzt hat, alte Bestände an der 66 wieder aufzumöbeln und eventuell sogar in Betrieb zu nehmen. Auf den Midway Trading Post trifft das allerdings noch nicht zu; man kann dort nichts kaufen, aber die frische Farbe macht das Gebäude ansehenswert. Für Eisenbahnfreunde steht daneben noch ein Güterwaggon – Boxcar – der ebenfalls in neuer, roter Farbenpracht erstrahlt.

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Der Edgewood RV Park macht mit einem Wasserbehälter, der mit einem indianischen Motiv bemalt ist, auf sich aufmerksam. Nebendran ein altes „Antiques“ Holzschild. Mit „66„.

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Kurz hinter Edgewood kann man über ein weiteres, älteres Alignment, das zwischen 1937 und 1949 die Route 66 war, eine landschaftlich schöne Tour durch die Hügel machen. Dazu kreuzen wir am Exit 181 die Interstate und biegen links auf die Sedillo Hill Road ab. Nach ein paar Meilen mündet die Straße wieder auf die 333 (bei der Unterführung der I-40). Dort rechts abbiegen und man befindet sich wieder auf der Post-1949 66. Natürlich kann man diesen Schlenker auch weglassen und von Edgewood einfach weiter geradeaus auf der 333 nach Westen fahren. Aber es ist die schönere Strecke und nur etwa eine Meile länger.

Weiter geht‘s durch Zuzax und den Tijeras Canyon immer parallel zur I-40. Zuzax und Tijeras haben nichts Dolles in Sachen 66 zu bieten, man kann getrost ohne Stopp durchfahren. Eine verrostete Zapfsäule in einem umzäunten Grundstück ist alles, was wir entdecken konnten.

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Der letzte Ort, bevor wir Albuquerque erreichen, ist Carnuel. Dort kann man rechter Hand oberhalb der Straße das Neon der ehemaligen Mountain Lodge erkennen. Man kann auf den Hof fahren. Einige der Gebäude sind im vorigen Jahr abgebrannt, so dass das Ganze einen ziemlich trostlosen Anblick bietet. Bis auf das alte Neon Schild natürlich, auch wenn der kleine Mexikaner auf dem Esel schon bessere Zeiten gesehen hat.

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Und wer möchte, kann dieses Teil kaufen. So jedenfalls steht es auf diesem handgeschriebenen Schild.

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Übernachten:

Sunset Motel Moriarty

 

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