Mt. Olive, Staunton, Edwardsville, Mitchell – Noch ne Tanke und reichlich Hasen

Nachdem wir Litchfield verlassen haben, fahren wir in südwestlicher Richtung weiter, immer entlang der Bahnlinie, die uns linker Hand bis zu unserem nächsten Ziel, dem kleinen Städtchen Mt. Olive begleitet. Die Old Route 66 wird in diesem Ort zuerst zur East Old Route 66, dann zur West Old Route 66 und nach einer Linkskurve schließlich zur South Old Route 66. Und dann stehen wir schon vor einer wunderschön restaurierten Shell Tankstelle, der Soulsby Station. Seit 1926, also dem Geburtsjahr der 66 steht sie dort. Gebaut von Henry Soulsby, Sohn irischer Einwanderer, der in Erwartung der neuen transkontinentalen Straße, rechtzeitig genug sein Erspartes in die Hand nimmt und an dieser Ecke die Service Station erbaut.

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Sein Plan geht auf, die Tankstelle wird 65 Jahre lang Benzin verkaufen, wird die Great Depression genauso überstehen wie WWII. Inzwischen hatten Henrys Kinder Russell und Ola Soulsby das Geschäft übernommen. Russell bessert ihr Einkommen mit der Reparatur von Radio – und Fernsehgeräten auf. Obwohl in den 1970er Jahren die Interstate 55 durch Illinois gebaut wird und Mt. Olive vom Hauptverkehr abschneidet, überlebt die Tankstelle bis ins Jahr 1993, ein Rekord an der Route 66. Die letzten beiden Jahre beschränken sich Ola und Russel auf kleinere Arbeiten und den Verkauf von Souvenirs und „Soda Pops“. Benzin gibt es seit 1991 dort nicht mehr. Vier Jahre lang tut sich nichts an der alten Tankstelle, dann wird sie 1997 an einen Nachbarn, Mike Dragovich, verkauft. Mit Hilfe von Geldern des National Park Service restauriert Dragovich die Station, die Arbeit daran beginnt im Jahr 2003. Heute sieht die Tankstelle in etwa genau so aus, wie sie sich in den frühen Jahren präsentiert hat. Ein wahres Schmuckstück an der Route 66. Also unbedingt anhalten, reingehen. Euch wird die Geschichte der Station gerne erzählt.

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Man kann Mt. Olive auf einem anderen Alignment der 66 umfahren. Dieser Abschnitt führt westlich am Städtchen vorbei, wendet sich dann nach Süden und führt parallel der I-55 als East Frontage Road bis „Country Classic Cars“. Hier gibt es jede Menge American Classic Cars zu kaufen oder auch nur anzuschauen. Wer daran interessiert ist, sollte hier unbedingt mal reinschauen. Leider konnten wir das nicht, weil gerade geschlossen ist, als wir dort ankommen. Okay, next time. Ein paar hundert Meter fahren wir zurück und überqueren jetzt die I-55. Die Old Route 66 führt uns nach Staunton.

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Stauntons Hauptattraktion ist Henrys Rabbit Ranch. Ein „Must Stop“ an der 66, wobei sich eine kurze Fahrt durch „Downtown“ lohnt. Rich Henry und seine Frau Linda begrüßen ihre Besucher gern persönlich. Und erzählen gern ihre Geschichte. Man könnte meinen, dass die Rabbit Ranch eine alte Service Station sei. Dem ist aber nicht so. Rich und Linda befahren im Jahr 1993 von Staunton aus die Mother Road Richtung Kalifornien. Ihnen fällt das Fehlen von Visitor Centers und Gift Shops auf. Spontan entscheidet sich Rich in seiner Heimatstadt derartiges zu erbauen. Das Gebäude ist im Stil einer Tankstelle errichtet, Souvenirs aller Art sind natürlich erhältlich, Rich und Linda leben vom Verkauf dieser Dinge. Vor dem Haus ein paar größere Memorabilien in Form von alten Rostlauben oder alten Neonschildern. Und es versteht sich von selbst, dass fast alle Autos, die auf dem Hof herum stehen Exemplare der Marke Volkswagen Golf sind und die heißen in den USA nun mal „Rabbit“.

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Zehn Jahre später findet sich die Ranch in der Illinois Route 66 Hall of Fame wieder. Wir haben uns lange mit Rich unterhalten und bei dieser Gelegenheit haben wir natürlich auch die Namensgeber der Rabbit Ranch kennen gelernt. Sie ist Heimat für ein gutes Dutzend Kaninchen oder besser gesagt Hasen. Die Tochter des Hauses legt sich ein Hasenpärchen zu. Da diese sich ja nicht nur sprichwörtlich, sondern auch in der Realität recht flott vermehren, gerät die Situation ein wenig außer Kontrolle. Überall Hasen – Rabbits. Rich hat dann die gute Idee, die Tiere für Reklamezwecke einzuspannen, statt sie dem Kochtopf zu überantworten. In Anlehnung an den berühmten „Jack Rabbit“ Route 66 Trading Post in Arizona und dessen Billboard-Werbeslogan: „Here It Is“, macht Rich kurzerhand ein „Hare It Is“ draus und präsentiert die Hasen jedem 66 Touristen, der die Viecher putzig findet. Die Kinder mögen sie eh und wollen alle die Hasen sehen – womit die geplagten Eltern kaum eine andere Wahl haben, als die Rabbit Ranch anzusteuern. Und vielleicht ein kleines oder größeres Souvenir mit zu nehmen.

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Und weiter geht‘s in südlicher Richtung. Wir bleiben auf der Illinois 4 bis wir die Kreuzung mit der Interstate 55 erreichen. Dort nehmen wir die West Frontage Road, die uns nach Hamel führen wird. Vorher steht rechts die St. Paul Lutheran Church, deren Besonderheit das Neonkreuz über dem Kirchenportal ist. 66 Style eben. Wir befinden uns übrigens auf dem Pre-1930 Alignment der 66, es gibt ex Staunton auch noch das Post-1930 Alignment, das über das Städtchen Livingstone führt, wo man, so man was dafür übrig hat, einen rosa Elefanten plus einiger anderer Skulpturen dieser Art im „Pink Elephant Antiques“ bestaunen kann.

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Ab Hamel heißt unsere 66 Illinois 157 und diese bringt uns nach Edwardsville. Dort sollte man einen Blick auf das Wildey Theatre werfen, eines der klassischen amerikanischen Kinogebäude. Hier hat übrigens Ende Oktober diesen Jahres (2015) die „Edwardsville Route 66 Conference“ stattgefunden, an der die Creme de la Creme der Route 66 „Legenden“ teilgenommen hat.

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Unser letztes Route 66 Teilstück in diesem Post führt uns bis ganz nahe an St. Louis heran: die „Chain of Rocks Road“ hat einiges an alten Motels und Neon- und sonstigen-Schildern entlang ihrer Straßenführung aufzuweisen. Dazu bleiben wir auf der 157 in westlicher Richtung.

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Vom Bel Air, einem ehemaligen Autokino, steht nur noch das Schild, dann folgen Apple Valley und Greenway Motels und schließlich das Luna Cafe in Mitchell, das eine recht illustre Geschichte hat. Gebaut im Jahr 1924, ist es der Inbegriff des amerikanischen „Road House“. Und da wir in Illinois der zwanziger Jahre im „Gangster Country“ sind, hat das „Cafe“ des öfteren Besuch von Al Capone und seinesgleichen. Gezockt wird auch, der Prohibition auf deren spezielle Weise getrotzt und ein bisschen Rotlicht soll sich ebenfalls ausgebreitet haben. Wenn die Wände des Cafes erzählen könnten. Das Luna ist heute noch in Betrieb, also wer Zeit hat …

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