Oatman, Arizona – Goldrausch und Wilder Westen

Diese Zeiten sind lange vorbei, aber in der kleinen Stadt in den Bergen der Black Mountains wird oft und gerne an sie erinnert. Schließlich wollen die Wildwest – und Route 66 Touristen so etwas sehen. Und ein paar andere Attraktionen natürlich auch.

Aber der Reihe nach. Wir beginnen unsere kurze Reise über die Oatman Road in Topock bzw. Golden Shores, von wo aus die Straße zuerst als Highway 10, dann als Oatman Road durch die Berge im Westen Arizonas führt.

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Sie ist Bestandteil der Route 66 und für die frühen Reisenden sicher nicht der bequemste Abschnitt der „Mother Road“. Eigentlich fahren wir falsch herum, denn gemeinhin ist man auf der 66 ja in Ost-West-Richtung unterwegs. Wir machen es einfach mal umgekehrt und starten im Westen. Das ganze Gebiet liegt im Mohave-County, und ist ein ödes, wüstenähnliches Land, das im Sommer mit entsprechenden Temperaturen auch jenseits der 100 Grad Fahrenheit aufwarten kann. Gleich hinter Golden Shores wird man von einem Schild mit der Aufschrift „Begin Historic Route 66“ begrüßt. Ein paar hundert Meter weiter folgt das braune Schild des BLM (Bureau of Land Management) mit dem nächsten Hinweis auf die historische Straße.

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Eine knappe halbe Stunde muss man durch das ausgedörrte Land, mit der Bergkette der Black Mountains zur Rechten fahren, um die ersten Häuser von Oatman zu erreichen.

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Schon ziemlich abgeblättert ist die Schrift auf dem Welcome to Oatman – Billboard, das einen Schritt in die Vergangenheit verheißt. Und gleichzeitig auch die Attraktionen Oatmans in Form von Souvenirläden und freilaufenden Eseln anpreist. „Have a great day“ steht auch noch drauf, gehört sich schließlich so.

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Kurz danach stehen schon die ersten „Burros“, wie man die berühmten Esel hier nennt, auf der Straße herum. Sie lassen sich von Jeeps, Corvettes und Harleys in keiner Weise stören – im Gegenteil, sie können recht zutraulich werden, wenn sie die Chance auf Fütterung wittern. Die Tiere sind wild lebende Nachkommen der von den Pionieren Oatmans dereinst, nach getaner Arbeit, frei gelassenen Lastesel, die bei der Besiedlung des Ortes von großem Nutzen gewesen sein dürften.

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Da sind wir also in der „Western-Stadt“, die beinahe mal zu einer Ghost Town abgestiegen wäre, wenn es nicht die wieder geborene Route 66 und die nahen Spielcasinos in Nevada gegeben hätte. Und die Goldminen natürlich. Denn die sind der eigentliche Grund, warum Oatman einstmals eine blühende Stadt war.
Und das kam so: Der alte Johnny Moss, seines Zeichens Goldsucher in den besten Tagen des Wilden Westens, landet, aus welchen Gründen auch immer, im Jahr 1860 in den Black Mountains und steckt seinen Claim ab. Und noch einen zweiten dazu, den er nach Olive Oatman, der Tochter einer von den Indianern hingemachten Mormonenfamilie benennt. Olive überlebt, wird aber von den Rothäuten versklavt und lebt gute fünf Jahre als Weiße unter Apachen. Ihre Geschichte geht noch weiter, aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Auf jeden Fall ist Olive Oatman die unfreiwillige Namensgeberin der in der Folge aufblühenden Siedlung in den Bergen Arizonas. Den Jackpot knacken zwei Goldsucher im Jahr 1914, als sie Gold im Wert von 14 Millionen US Dollars zu Tage fördern. Was zu einem weiteren Boom in der kleinen Stadt führt. Sieben Jahre später brennt Oatman fast komplett ab, wird aber wieder aufgebaut. So haben sie es immer gemacht damals. Nicht nur in Oatman. Dann kommt die 66 und durch sie kommen außer Goldsuchern auch andere Besucher in die Stadt. In der Folge entstehen Hotels, Läden, Tankstellen. Es ist immer dieselbe Geschichte. Die Goldsucherei wird von Minengesellschaften bis in die 1940er Jahre fortgeführt, dann kommt WWII und Schluss ist es. Für eine längere Zeit, denn erst im Jahr 1995 wird die Gold Road Mine wieder in Betrieb genommen, drei Jahre später wegen fallender Goldpreise wieder geschlossen, nur um im Jahr 2007 ein weiteres Mal in Produktion zu gehen. Und so ist es noch heute. Die Minen liegen gleich hinter Oatman auf dem Weg zur Passhöhe.

Zurück in die Gegenwart. Oatman ist eine Touristenattraktion, die Stadt, bzw. die regionale Chamber of Commerce, tut was dafür. Zweimal am Tag rauchen die Colts – Piff Paff Puff und schon liegt ein Westernheld im Staub. Zur Freude der Oatman-Besucher natürlich, die begeistert Beifall klatschen. Die Esel sehen‘s mit Gelassenheit. Die Straße ist voll mit Autos, also parkt am besten vorne an den Ortseingängen, da findet man meistens noch was. Souvenirläden reihen sich aneinander. Künstler haben sich niedergelassen und bitten in ihre Galerien. Im Postamt gibt‘s Sonderstempel. Alles da also für Western-Fans. Virginia City – Tombstone – Oatman. Man reiht sich ein in das, was der Western-Liebhaber sich von einem solchen Ort erwünscht. Aber auch die Route 66 Touristen kommen an Oatman nicht vorbei. Wie auch, die Straße führt ja geradewegs mitten hindurch. Also hält hier jede Harley-Gruppe, jeder Tourbus und natürlich auch der Individual-Reisende.

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Ach ja, da ist ja noch das Oatman Hotel, ein historischer Adobe-Bau direkt an der Main Street. Der eifrige Leser dieses Blogs erinnert sich vielleicht noch an Clark Gable, der mal im Boots Court Motel in Carthage, Missouri geschlafen hat. Hier 

In Oatman hat er auch geschlafen, in eben jenem Oatman Hotel. Und nicht mal allein, denn er und seine frisch Angetraute Carole Lombard, damals berühmte Hollywood-Legende, verbringen hier im Jahr 1939 ihre Flitterwochen. Leider kommt Carole drei Jahre später bei einem Flugzeugabsturz in Nevada ums Leben. Da war sie gerade mal 33. Den Stern in Hollywoods Walk of Fame hat sie aber sicher. Clark Gable selber soll Oatman und das Hotel später immer wieder besucht haben. Unter anderem zum Pokern mit den Minenarbeitern. Gründe genug also, das Hotel als historischen Ort zu präsentieren und zu vermarkten, soweit das mit dem recht herunter gekommenen Bau möglich ist. Er soll jetzt renoviert und vielleicht bald wieder für Übernachtungen geöffnet werden.

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Momentan kann man in der mit Dollarscheinen zugepflasterten Bar sein Bier oder seinen Hamburger genießen. In echter 30er Jahre Atmosphäre. Eine kleine Gedenktafel im Eingangsbereich des Hotels erinnert an die Clark Gable Geschichte.

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Die Amerikaner lieben Oatman und seine Geschichten. Auch die Kanadier scheinbar, denn einer von ihnen hat sogar ein Gedicht verfasst, ein Ode an Oatman sozusagen:

So many ghosts upon the road,
My eyes I swear are playing tricks;
And a voice I hear, it’s Tom Joad,
Near Oatman on Route 66.

On the Mother Road heading west
As if the dust bowl I can feel,
With the Okies and the rest,
They’re with me now behind the wheel.

Then a turtle stops us in our tracks,
As ’cross the road it makes its path;
And with our world upon our backs,
We contemplate the ’grapes of wrath’.

With turtle tracks across the road
And all these ghosts playing tricks,
It ain’t so hard to feel Tom Joad
When you’re driving on Route 66.

By: Dave MacLennan, Sooke, BC, Canada

Oatman bietet ein buntes Bild, mit all dem Kram und Krempel in den Shops, den Eseln, den kostümierten Western Helden, den Harleys vor dem Hotel, dem Bettgestell und dem Schaukelstuhl auf dem Dach. Und über allem thront der „Elefantenzahn“, der „Elephant Tooth“, eine Bergspitze, die von der Form her, ihren Namen durchaus verdient hat.

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Kurz nachdem wir Oatman verlassen, wird die Straße enger und kurviger. Es geht aufwärts in die Black Mountains, wo uns nach kurzer Fahrt durch die engen Serpentinen, vorbei an der Gold Road Mine, der höchste Punkt der Strecke erwartet: Sitgreaves Pass. Spätestens hier an der Passhöhe auf 3350 Fuß Meereshöhe, sollte man anhalten und die großartige Aussicht über die Black Mountains genießen. Bei klarer Sicht reicht der Blick bis nach Bullhead City und Laughlin, Nevada.

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Wer sich einige Schritte von der Passhöhe entfernt, wird sich über eine ganze Reihe von Grabkreuzen wundern, die dort in der Felswüste stehen. Es handelt sich dabei nicht um echte Gräber, die Kreuze dienen als „Memorials“ an die Verstorbenen, deren Asche hier oben in alle Winde verstreut worden sind.

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Drei Meilen windet sich die 66 jetzt abwärts, bis auf der linken Seite „Ed’s Camp“ auftaucht. Das Ganze gleicht heute eher einem Schrottplatz, als einem Ort, der einstmals Tankstelle, Motel und das „Kactus Kafe“ beherbergte. Ed Edgerton erbaut sein „Camp“ im Jahre 1920, also noch bevor die Route 66 die öde Gegend mit Leben erfüllt. Es ist nicht viel geblieben, ein Gelände voller Schrott der verschiedensten Art, das baufällige Hauptgebäude, und das ebenso verfallene „Kactus Kafe“. Aber an der Straße steht ein Briefkasten. Irgendwer kümmert sich scheinbar um das Gelände, gewährt aber niemandem Zutritt. „No Trespassing“.  Ist  auch verständlich, es handelt sich schließlich um privates Land und wer möchte schon gern Touristen auf seinem Besitz herumstiefeln sehen.

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Ganz anders verhält es sich mit der nächsten Station unseres Trips über die Oatman Road. Cool Springs heißt die inzwischen restaurierte Tankstelle, die uns ein paar Minuten später auf der linken Seite der Straße erwartet. Das Gebäude liegt bis 2001 in Trümmern, dann erbarmt sich Ned Leuchtner, ein Makler aus Chicago des Objekts. Drei Jahre benötigt er, um Cool Springs komplett zu renovieren und zu einem Schmuckstück an der Route 66 zu machen. Erbaut wird die Tankstelle, mit angeschlossenem Café und Cabins zum Übernachten, in den 1920er Jahren. Auch hier die gleiche Geschichte: Solange der Route 66 Verkehr unterwegs ist, ist alles gut. 1953 wird die Streckenführung verlegt. Noch 10 Jahre hält sich Cool Springs, dann wird es geschlossen und verfällt.

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Heute ist die Station ein sehr beliebter Stopp bei Harley-Fahrern. Noch jedes Mal, wenn wir dort waren, standen die Maschinen vor der Tür. Ein schönes Fotomotiv ist das allemal. Tanken kann man übrigens dort nicht.

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Nur noch ein paar Meilen sind es bis Kingman, der „Endstation“ dieses Abschnittes der Route 66. Unterwegs, schon in den Vororten von Kingman, noch ein altes Holzschild, das am Straßenrand verrottet. Doch immer noch sind Teile seiner „Get your kicks“ – Aufschrift lesbar. Ein paar Buchstaben fehlen, aber jeder weiß, was da steht.

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Wir haben das Ende der Oatman Road erreicht. Ein schöner Trip durch die Berge Arizonas liegt hinter uns. Man kann geteilter Meinung sein über Oatman, aber es ist ein Stück Bergbau- und Route 66 Geschichte. Und wenn man das weiß, sieht man sicher gerne über das Touristengedöns hinweg.

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